Frauen, die Gewalt in der Partnerschaft erleben, sind keine bedauerlichen Einzelfälle. Sie sind nicht "einfach geblieben". Gelingt einer Frau der Exit, ist es Flucht, keine Trennung. Die Gefahr, getötet zu werden steigt um den Zeitpunkt einer Trennung sprunghaft an. Täter akzeptieren den Kontrollverlust nicht, wenn sie geht. Sie
wollen Macht und Besitzanspruch behalten. Es geht um Rache, um Wut und gekränkten Stolz. Der Fokus liegt allein auf dem Täter.
Um Liebe geht es dabei nie.
Häusliche Gewalt ist zudem nicht entpersonifiziert. Häuslich ist falsch. Sie ist in überwältigender Mehrheit Männergewalt und strukturelle Gewalt in einem System in dem Frauen in vielen Punkten noch immer das Nachsehen in Sachen Gleichberechtigung haben. Die Gewalt ist stets Straftat und nicht "Privatsache", "Ehedrama", "Paarkonflikt" oder "Familientragödie". Gewalt an Frauen ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich aus fehlender Gleichstellung ergibt und das uns alle angeht. Dieser Tatsache müssen sich Gesellschaft und Medien stellen.
Gewaltschutz-Bildung und Sensitivity-Learning –
BILDUNGS-INITIATIVE GEWALTSCHUTZ ist ein junges, stetig wachsendes Magazin- und Bildungsprojekt, das den Anspruch hat, einen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben. Schutz für Frauen und Kinder vor Gewalt und die Wahrung von Grund- und Menschenrechten darf nicht von fehlender Bildung in den Systemen und in der Gesellschaft abhängen. Nie war Demokratiearbeit wichtiger als heute.
Wir leben in Zeiten, in denen ein verurteilter Vergewaltiger mit Milliardären aus der Maskulisten-Szene die Welt verändern will. Wir sehen schon heute Diktaturen Frauenrechte immer weiter einschränken oder sie bereits völlig ausradieren. Demokratie und Gewaltschutz gehen, wie der Schutz von Menschenrechten, Hand in Hand.
Eine demokratische, gleichberechtige Welt, war zu keinem Zeitpunkt so bedroht wie heute.
In Deutschland stirbt auch 2025 jeden Tag eine Frau durch Männergewalt. Und während wir uns gesellschaftlich noch fragen, ob wir Männergewalt so sagen dürfen und "ob die Frauen nicht auch ein bisschen selbst daran schuld sind", verschärft sich die Lage für weiblich gelesene Personen, Minderheiten und Kinder rund um den Globus.
Die Scham muss die Seite wechseln,
doch sie bewegt sich nicht
In ihrem Prozess erklärte die Französin Gisèle Pelicot mutig, die Scham muss die Seite wechseln. Doch davon sind wir in Deutschland weit entfernt. Gewaltbetroffene werden als bildungsfern, arm oder naiv stilisiert. Die Realität zeigt, wieviele Frauen auch in Führungspositionen und mit akademischen Abschlüssen betroffen sind. Gewalt betrifft jede dritte Frau. In allen sozialen Millieus. Sie sind überall und werden dennoch stigmatisiert.
Frauen zeigen Straftaten gegen sie so häufig nicht an, dass von einem Dunkelfeld des achtfachen Wertes erfasster Fälle ausgegangen werden muss. Die offiziellen Zahlen der Fälle, die an die Staatsanwaltschaft gelangen konnten, liegen jedoch bereits bei über 180.000 Frauen. Mal acht, das sind 1,44 Millionen von Gewalt betroffene Frauen, die es nicht wagen, die Taten anzuzeigen. Weil der Täter, ihr persönliches Umfeld, aber auch Erstkontaktstellen und Fachstellen ihnen mehr Angst als Schutz anzubieten haben. Regelmäßig wird Frauen bei Gewalt unterstellt, sie könnten diese nur erfinden. Das wiederholt sich täglich für unzählige Betroffene, während die alarmierend hohen Gewaltzahlen in Bundespressekonferenzen vorgestellt werden.
Untersuchungen zeigen, dass Frauen bis zu sieben Anläufe brauchen, um einen Gewalttäter zu verlassen. Weil die Gesellschaft sie beschämt und stigmatisiert, aber auch, weil Kinder involviert sind und Schutzmechanismen wie elektronische Fussfesseln fehlen. Weil es an Frauenhäusern fehlt und der Staat bezahlbaren Anschlusswohnraum für Alleinerziehende (in der Mehrheit Frauen) vergessen hat. In vielen Fällen bleibt den Frauen, vor allem dann, wenn sie Kinder mit dem Täter haben, gar nichts anderes übrig, als in die Gewalt zurückzukehren. Und dafür werden sie dann aus Unkenntnis und fehlender Bildung zu Gewalt von der Mehrheit der Gesellschaft noch beschämt.
Schulungsbedarf für Redaktionen, Medienschaffende und Social Media Formate
Medien berichten zum Weltfrauentag am 8. März und zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November von traurig in Szene gesetzten Einzelfällen, als die sie die betroffenen Frauen dann in ihre Sendungen holen. Diese angeblichen Einzelfälle sind je einer von 1,44 Millionen. Was auffällt: immer geht es um die Frauen, wer sie sind, wie sie sind, wie sie leben, wie sie aussehen. Untersucht wird, was sie zu Opfern macht. Das ermöglicht den Medienschaffenden, Lesern und Zuschauern größtmögliche Distanz zu den Frauen, die Gewalt erleben. Diese Frauen seien immer auch ein bisschen selbst schuld. Sie werden stigmatisiert und ausgegrenzt und eine Sache wird dabei unerwähnt gelassen. Wer die Täter sind. Die Partner oder Ex-Partner der Frauen sind es, die sich für Gewalt entscheiden. Die Besitz- und Machtansprüche an "ihre Frauen" und oft Kinder stellen. Die ihren Selbstwert vom Erhalt des Familienkonstrukts ableiten. Über die Männer als Täter müsste die Gesellschaft sprechen, um zu verstehen, warum Männer – deutsche wie migrantische gleichermaßen – Macht und Kontrolle als probate Mittel empfinden, anstatt sich zu trennen und selbstbestimmte Entscheidungen von Frauen anzuerkennen. Jahr für Jahr, wird in den Sendungen darüber nicht gesprochen.
Geht es um Femizide – 360 Frauen wurden 2023 getötet – also die Tötung von Frauen, weil sie Frauen sind und aus eben genau dem oben genannten Machtverhältnis heraus, sprechen Zeitungen und TV-Formate schier unbelehrbar von Familiendramen, Morden aus Liebe oder Gewaltakten aus Leidenschaft. Oft sind die Taten erweiterte Suizide und viele Medien sind sich mit den Sympathien für "den armen Mann" nicht zu schade, um dann Selbsthilfehotlines für Suizidgefährdung einzublenden, nicht aber Hilfestellen für Frauen und Kinder bei häuslicher Gewalt.
Sprechen wir von Gewalt gegen Frauen sollten wir lernen, Gewalt gegen Kinder immer auch klar mitzubenennen. Die Kinderschutz-Forschung sagt: Auch miterlebte Gewalt ist immer Gewalt des Täters am Kind. Zahlreiche Studien aus dem Kinderschutz belegen seit Jahren, dass Gewalt an der Mutter als Hauptsorgeelternteil auch immer das Leben des Kindes in seinen Grundfesten erschüttert. So sehr, dass davon ausgegangen werden muss, dass Kinder beim Miterleben von Gewalt und beim Aufwachsen in einem Klima aus Aggression, Bedrohung und Coercive Control, sie schwere unmittelbare und langfristige Schäden daraus tragen, die sie teils als junge Erwachsene in Depressionen, chronische Erkrankungen und sogar Suizide treibt.
Der Kinderschutz wird ausgeblendet
Mitbetroffene Kinder sind derzeit der hingenommene Kollateralschaden in Deutschland, wenn es um Männergewalt an Frauen geht. Aus Statistiken um fehlende Frauenhausplätze geht hervor, dass bei jeder Schutzsuchenden von durchschnittlich zwei zugehörigen Kindern ausgegangen wird. Neben 14.000 Frauenplätzen fehlen demnach auch weitere 36.000 Frauenhausplätze für Kinder, die hierzulande derzeit nicht zur Verfügung stehen.
Das heißt auch, zu der Vielzahl der Frauen, die die Gewaltstatistik nicht erfasst, weil sie im nichtangezeigten Dunkelfeld liegen, gehören je zwei Kinder, die in Gewalt und Bedrohung aufwachsen.
Ein Rechenspiel: 1,44 Millionen Frauen im Dunkelfeld
mal zwei Kinder – fast drei Millionen Kinder könnten unentdeckt in Gewalt aufwachsen, weil der Gewaltschutz für ihre Mütter versagt.
Es ist bekannt, dass bereits eine Erstversorgung mit Schutzunterkünften fehlt. Alles andere den Kinderschutz betreffend, wird derzeit von Fachstellen und der Politik ignoriert. Ungeachtet der Rechtslage, die klar einen Schutz des Kindes vor dem Täter und Gewalt vorsieht, werden Kinder regelmäßig in Umgangskontakte mit Gewalttätern gezwungen. Zum einen, weil patriarchale Relikte, ähnlich Paragraph 218, im deutschen Rechtssystem Väterrechte am Kind vorsehen. Zum anderen auch, weil im gesellschaftlichen Konsens weiterhin naiv – und vermeintlich progressiv – davon ausgegangen wird, dass ein schlagender und terrorisierender Mann dennoch ein "guter Vater" sein kann und dass ein Kind diesen männlichen Anteil um jeden Preis zum gesunden Aufwachsen brauche.
Eine Studie medial erfasster 154 Fälle zeigte im November 2024 auf, dass 12 Prozent der untersuchten bekannten familiengerichtlichen Verfahren, in denen es um Männergewalt ging, den Tod der Frau und zum Teil der Kinder zur Folge hatte. Weil das Hilfe- und Rechtssystem der Fehlinformation aufgesessen war, dass der Täter einen Mehrwert hinsichtlich der Kindesentwicklung biete und daher unbedingt weiterhin Umgangskontakte mit dem Kind haben sollte. Der Zugriff endete für die nicht geschützten Familien tödlich.
Regelmäßig versagt der Gewaltschutz an den Fachstellen und die Gesellschaft versagt den Frauen Schutz – in beiden Fällen, weil die Narrative sich in aller Regel und ungeachtet der Gewaltzahlen gegen Frauen richten. Das Bild der rachsüchtigen, geldgierigen, täuschenden, bitteren Frauen wird bis heute gezeichnet. Und das der verlassenen, ausgebeuteten und um die Kinder gebrachten Väter.
Narrative über Frauen etablieren die Stigmatisierung
Selten findet Aufklärung statt, dass ein Großteil der Väter nach einer Trennung gar keinen Kindesunterhalt mehr zahlt. Und das in Deutschland auch weitestgehend ungestraft kann. Auch liest man selten in der Tagespresse, dass alleinerziehende Mütter mit 41 Prozent mit den am höchsten von Armut betroffenen Bevölkerungsanteil darstellen. Für viele von ihnen gilt das trotz Arbeit.
(vgl. 10. Familienbericht des www.bmfsfj.de)
Die Narrative über Frauen ändern sich dennoch nicht. Fehlende Bildung bietet derzeit den Nährboden für Stigmatisierung, Ausgrenzung, Armut, Krankheit, (finanzielle) Nachtrennungsgewalt und den damit verbundenen fehlenden Kinderschutz.
Wer sich nicht über den Gewaltschutz informiert, wegsieht, pauschalisiert, ohne die Hintergründe zu kennen und sie für und mit den Frauen zu benennen, ist Teil des Problems. Auch, wer Opfer und Täter gleichermaßen zum Teil des Problems erklären will oder wer will, dass Frauen beweisen, nicht selbst schuld zu sein. Die oben verfügbare Studie von Dr. Wolfgang Hammer sagt zudem, eine mangelnde Bereitschaft in Fachkreisen zum Schutz der Frauen und Kinder stelle einen Großteil des Problems dar.
Medien, Politik, Fachkräfte, Kinderschutzstellen, Behörden und Justiz, sie alle könnten mehr tun und geltende Gewaltschutzrechte aus dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) lückenlos umsetzen.
In der Regel tun sie es nicht.
An der Spitze der Gewalt gegen Frauen stehen Femizide. 2023 waren es 360 getötete Frauen. (Quelle: bundeskriminalamt.de). 360 durch Männergewalt getötete Frauen, weil sie Frauen waren, weil sie sich gewehrt oder getrennt hatten. Weil Männer die Trennungen nicht akzeptierten und ihre Macht zurückerlangen wollten. Diese Taten sind keine Privatsache. Sie sind Ausdruck von Misogynie, Sexismus, patriarchalen gesellschaftlichen Strukturen und dem Glauben, Frauen seien "Besitz".
Es fehlt ein Aufschrei in der Gesellschaft, es fehlen große mediale Berichterstattungen und es fehlen bundesweite Demonstrationen. Während in Italien oder Spanien bei einer getöteten Frau Tausende die Straßen füllen und Mahnmale errichtet werden, herrscht hier Schulterzucken. Die Sensationslust und das Mitgefühl für die Not des Täters sind größer, als das Entsetzen über getötete Frauen.
Der Großteil der Deutschen empfindet Femizide als persönliches Los tragischer Beziehungen. Als "Überreaktion verletzter Männerseelen". Während in Spanien, Großbritanien oder Frankreich längst Gesetzesänderungen und polizeiliche Gewaltschutzmaßnahmen greifen, diskutiert man hier noch immer, ob die Frauen nicht doch einfach "selbst schuld" seien. Oder ihn am Ende "provoziert" hätten.
Femizide erkennen.
Droht ein Femizid?
Diese Anzeichen lernen
kann Leben retten.
Gewaltschutz-Bildung und Sensitivity-Learning –
BILDUNGS-INITIATIVE GEWALTSCHUTZ ist ein junges, stetig wachsendes Magazin- und Bildungsprojekt, das den Anspruch hat, einen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben. Schutz für Frauen und Kinder vor Gewalt und die Wahrung von Grund- und Menschenrechten darf nicht von fehlender Bildung in den Systemen und in der Gesellschaft abhängen. Nie war Demokratiearbeit wichtiger als heute.
Wir leben in Zeiten, in denen ein verurteilter Vergewaltiger mit Milliardären aus der Maskulisten-Szene die Welt verändern will. Wir sehen schon heute Diktaturen Frauenrechte immer weiter einschränken oder sie bereits völlig ausradieren. Demokratie und Gewaltschutz gehen, wie der Schutz von Menschenrechten, Hand in Hand.
Eine demokratische, gleichberechtige Welt, war zu keinem Zeitpunkt so bedroht wie heute.
In Deutschland stirbt auch 2025 jeden Tag eine Frau durch Männergewalt. Und während wir uns gesellschaftlich noch fragen, ob wir Männergewalt so sagen dürfen und "ob die Frauen nicht auch ein bisschen selbst daran schuld sind", verschärft sich die Lage für weiblich gelesene Personen, Minderheiten und Kinder rund um den Globus.
Die Scham muss die Seite wechseln,
doch sie bewegt sich nicht
In ihrem Prozess erklärte die Französin Gisèle Pelicot mutig, die Scham muss die Seite wechseln. Doch davon sind wir in Deutschland weit entfernt. Gewaltbetroffene werden als bildungsfern, arm oder naiv stilisiert. Die Realität zeigt, wieviele Frauen auch in Führungspositionen und mit akademischen Abschlüssen betroffen sind. Gewalt betrifft jede dritte Frau. In allen sozialen Millieus. Sie sind überall und werden dennoch stigmatisiert.
Frauen zeigen Straftaten gegen sie so häufig nicht an, dass von einem Dunkelfeld des achtfachen Wertes erfasster Fälle ausgegangen werden muss. Die offiziellen Zahlen der Fälle, die an die Staatsanwaltschaft gelangen konnten, liegen jedoch bereits bei über 180.000 Frauen. Mal acht, das sind 1,44 Millionen von Gewalt betroffene Frauen, die es nicht wagen, die Taten anzuzeigen. Weil der Täter, ihr persönliches Umfeld, aber auch Erstkontaktstellen und Fachstellen ihnen mehr Angst als Schutz anzubieten haben. Regelmäßig wird Frauen bei Gewalt unterstellt, sie könnten diese nur erfinden. Das wiederholt sich täglich für unzählige Betroffene, während die alarmierend hohen Gewaltzahlen in Bundespressekonferenzen vorgestellt werden.
Untersuchungen zeigen, dass Frauen bis zu sieben Anläufe brauchen, um einen Gewalttäter zu verlassen. Weil die Gesellschaft sie beschämt und stigmatisiert, aber auch, weil Kinder involviert sind und Schutzmechanismen wie elektronische Fussfesseln fehlen. Weil es an Frauenhäusern fehlt und der Staat bezahlbaren Anschlusswohnraum für Alleinerziehende (in der Mehrheit Frauen) vergessen hat. In vielen Fällen bleibt den Frauen, vor allem dann, wenn sie Kinder mit dem Täter haben, gar nichts anderes übrig, als in die Gewalt zurückzukehren. Und dafür werden sie dann aus Unkenntnis und fehlender Bildung zu Gewalt von der Mehrheit der Gesellschaft noch beschämt.
Schulungsbedarf für Redaktionen, Medienschaffende und Social Media Formate
Medien berichten zum Weltfrauentag am 8. März und zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November von traurig in Szene gesetzten Einzelfällen, als die sie die betroffenen Frauen dann in ihre Sendungen holen. Diese angeblichen Einzelfälle sind je einer von 1,44 Millionen. Was auffällt: immer geht es um die Frauen, wer sie sind, wie sie sind, wie sie leben, wie sie aussehen. Untersucht wird, was sie zu Opfern macht. Das ermöglicht den Medienschaffenden, Lesern und Zuschauern größtmögliche Distanz zu den Frauen, die Gewalt erleben. Diese Frauen seien immer auch ein bisschen selbst schuld. Sie werden stigmatisiert und ausgegrenzt und eine Sache wird dabei unerwähnt gelassen. Wer die Täter sind. Die Partner oder Ex-Partner der Frauen sind es, die sich für Gewalt entscheiden. Die Besitz- und Machtansprüche an "ihre Frauen" und oft Kinder stellen. Die ihren Selbstwert vom Erhalt des Familienkonstrukts ableiten. Über die Männer als Täter müsste die Gesellschaft sprechen, um zu verstehen, warum Männer – deutsche wie migrantische gleichermaßen – Macht und Kontrolle als probate Mittel empfinden, anstatt sich zu trennen und selbstbestimmte Entscheidungen von Frauen anzuerkennen. Jahr für Jahr, wird in den Sendungen darüber nicht gesprochen.
Geht es um Femizide – 360 Frauen wurden 2023 getötet – also die Tötung von Frauen, weil sie Frauen sind und aus eben genau dem oben genannten Machtverhältnis heraus, sprechen Zeitungen und TV-Formate schier unbelehrbar von Familiendramen, Morden aus Liebe oder Gewaltakten aus Leidenschaft. Oft sind die Taten erweiterte Suizide und viele Medien sind sich mit den Sympathien für "den armen Mann" nicht zu schade, um dann Selbsthilfehotlines für Suizidgefährdung einzublenden, nicht aber Hilfestellen für Frauen und Kinder bei häuslicher Gewalt.
Sprechen wir von Gewalt gegen Frauen sollten wir lernen, Gewalt gegen Kinder immer auch klar mitzubenennen. Die Kinderschutz-Forschung sagt: Auch miterlebte Gewalt ist immer Gewalt des Täters am Kind. Zahlreiche Studien aus dem Kinderschutz belegen seit Jahren, dass Gewalt an der Mutter als Hauptsorgeelternteil auch immer das Leben des Kindes in seinen Grundfesten erschüttert. So sehr, dass davon ausgegangen werden muss, dass Kinder beim Miterleben von Gewalt und beim Aufwachsen in einem Klima aus Aggression, Bedrohung und Coercive Control, sie schwere unmittelbare und langfristige Schäden daraus tragen, die sie teils als junge Erwachsene in Depressionen, chronische Erkrankungen und sogar Suizide treibt.
Der Kinderschutz wird ausgeblendet
Mitbetroffene Kinder sind derzeit der hingenommene Kollateralschaden in Deutschland, wenn es um Männergewalt an Frauen geht. Aus Statistiken um fehlende Frauenhausplätze geht hervor, dass bei jeder Schutzsuchenden von durchschnittlich zwei zugehörigen Kindern ausgegangen wird. Neben 14.000 Frauenplätzen fehlen demnach auch weitere 36.000 Frauenhausplätze für Kinder, die hierzulande derzeit nicht zur Verfügung stehen.
Das heißt auch, zu der Vielzahl der Frauen, die die Gewaltstatistik nicht erfasst, weil sie im nichtangezeigten Dunkelfeld liegen, gehören je zwei Kinder, die in Gewalt und Bedrohung aufwachsen.
Ein Rechenspiel: 1,44 Millionen Frauen im Dunkelfeld
mal zwei Kinder – fast drei Millionen Kinder könnten unentdeckt in Gewalt aufwachsen, weil der Gewaltschutz für ihre Mütter versagt.
Es ist bekannt, dass bereits eine Erstversorgung mit Schutzunterkünften fehlt. Alles andere den Kinderschutz betreffend, wird derzeit von Fachstellen und der Politik ignoriert. Ungeachtet der Rechtslage, die klar einen Schutz des Kindes vor dem Täter und Gewalt vorsieht, werden Kinder regelmäßig in Umgangskontakte mit Gewalttätern gezwungen. Zum einen, weil patriarchale Relikte, ähnlich Paragraph 218, im deutschen Rechtssystem Väterrechte am Kind vorsehen. Zum anderen auch, weil im gesellschaftlichen Konsens weiterhin naiv – und vermeintlich progressiv – davon ausgegangen wird, dass ein schlagender und terrorisierender Mann dennoch ein "guter Vater" sein kann und dass ein Kind diesen männlichen Anteil um jeden Preis zum gesunden Aufwachsen brauche.
Eine Studie medial erfasster 154 Fälle zeigte im November 2024 auf, dass 12 Prozent der untersuchten bekannten familiengerichtlichen Verfahren, in denen es um Männergewalt ging, den Tod der Frau und zum Teil der Kinder zur Folge hatte. Weil das Hilfe- und Rechtssystem der Fehlinformation aufgesessen war, dass der Täter einen Mehrwert hinsichtlich der Kindesentwicklung biete und daher unbedingt weiterhin Umgangskontakte mit dem Kind haben sollte. Der Zugriff endete für die nicht geschützten Familien tödlich.
Regelmäßig versagt der Gewaltschutz an den Fachstellen und die Gesellschaft versagt den Frauen Schutz – in beiden Fällen, weil die Narrative sich in aller Regel und ungeachtet der Gewaltzahlen gegen Frauen richten. Das Bild der rachsüchtigen, geldgierigen, täuschenden, bitteren Frauen wird bis heute gezeichnet. Und das der verlassenen, ausgebeuteten und um die Kinder gebrachten Väter.
Narrative über Frauen etablieren die Stigmatisierung
Selten findet Aufklärung statt, dass ein Großteil der Väter nach einer Trennung gar keinen Kindesunterhalt mehr zahlt. Und das in Deutschland auch weitestgehend ungestraft kann. Auch liest man selten in der Tagespresse, dass alleinerziehende Mütter mit 41 Prozent mit den am höchsten von Armut betroffenen Bevölkerungsanteil darstellen. Für viele von ihnen gilt das trotz Arbeit.
(vgl. 10. Familienbericht des www.bmfsfj.de)
Die Narrative über Frauen ändern sich dennoch nicht. Fehlende Bildung bietet derzeit den Nährboden für Stigmatisierung, Ausgrenzung, Armut, Krankheit, (finanzielle) Nachtrennungsgewalt und den damit verbundenen fehlenden Kinderschutz.
Wer sich nicht über den Gewaltschutz informiert, wegsieht, pauschalisiert, ohne die Hintergründe zu kennen und sie für und mit den Frauen zu benennen, ist Teil des Problems. Auch, wer Opfer und Täter gleichermaßen zum Teil des Problems erklären will oder wer will, dass Frauen beweisen, nicht selbst schuld zu sein. Die oben verfügbare Studie von Dr. Wolfgang Hammer sagt zudem, eine mangelnde Bereitschaft in Fachkreisen zum Schutz der Frauen und Kinder stelle einen Großteil des Problems dar.
Medien, Politik, Fachkräfte, Kinderschutzstellen, Behörden und Justiz, sie alle könnten mehr tun und geltende Gewaltschutzrechte aus dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) lückenlos umsetzen.
In der Regel tun sie es nicht.
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